Halbseitige Themaverfehlung
Finale des “Comedy-Knockout 2006”
Gewonnen hat der 22-jährige Wiener Benjamin Turecek. Verloren hat das Kabarett.
kabarett.at / 26. November 2006
Der vom rührigen Theaterlabor in Gersthof heuer bereits zum dritten Mal veranstaltete Kabarett- und Comedy-Nachwuchs-Wettbewerb namens “Comedy Knock Out” hat einen Sieger: Publikum und Jury entschieden sich am vergangene Freitag nach den Darbietungen der vier fürs Finale Qualifizierten mehrheitlich für das politische Kabarett des erst 22-jährigen Wieners Benjamin Turecek. Glückwunsch. Auf den Plätzen landeten der bereits von den Alsergründer Nagelkämpfen bekannte Osttiroler Günther “Jango” Jungmann, der Linzer Bundesdenkmalamts-Angestellte Klaus Kohout und der pensionierte Baumeister Erwin E.
Soweit die unspektakulären Fakten. Und dabei könnte man es natürlich gnädigerweise belassen. Aber davon hätte dann auch keiner etwas. So schwer mir das als grundsätzlich wohlwollender Beobachter der Szene auch fällt – gerade wegen des Wohlwollens müssen ein paar Dinge unbedingt gesagt werden. Im Interesse aller Beteiligten. Und weil es der Stimmung des Final-Abends gewiss nicht zuträglich gewesen wäre, wenn ich das als Juror in die Laudatio verpackt hätte, sei es mir im Nachhinein gestattet.
Beim “Comedy Knock Out” handelt es sich um einen Nachwuchs-Wettbewerb. Von seiner Selbsteinschätzung her könnte er so etwas wie ein mehrtägiger “Neulings-Nagel” sein : ein Treffpunkt für blutige Anfänger, die sich auf einer Bühne vor fremdem Publikum ausprobieren wollen, um einen kurzen Blick auf einen möglichen Lebensweg zu werfen. Prima Sache! Und beim Finale gibt es dann noch zusätzlich ein paar halbwegs geschulte Kabarett-Besucher, die den Kandidaten – wenn gewünscht – ein paar Anregungen mit auf den Weg geben können. So weit, so gut. Wenn es so wäre. Doch leider gebührt dem heurigen Finale in Summe ein “Nicht genügend” – wegen halbseitiger Themaverfehlung.
Benjamin Turecek ist erst 22 und hat als “young communist” eine markante politische Perspektive. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass er in seinem Programm “B(enjamin) Z(erstört) Ö(sterreich)” keine beliebigen Polit-Witzchen reißt, sondern zielbewusst zur Sache kommt. Dabei wirkt er spritzig – und verfügt über eine markante äußere Erscheinung. In Summe : Da könnte schon etwas daraus werden. Und deshalb geht sein Sieg auch in Ordnung. Aber bis zu einem abendfüllenden Programm, für das man Eintritt verlangen darf, ist es noch ein weiter und arbeitsreicher Weg. Denn die so wichtige Originalität ward Benjamin Turecek offenkundig nicht in die Wiege gelegt. Oder sie wartet noch irgendwo im Verborgenen verunsichert auf ihr coming-out. Und wenn nicht, hier noch eine abschließende Binse: Es ist kein Manko, kein Kabarettist zu werden. Satire hat viele Facetten.
Dass Originalität alleine auch nicht zum Ziel führt, hat Günther Jungmann (29) an diesem Abend einmal mehr veranschaulicht. Dieser scheinbar leicht naturtrübe Osttiroler erinnert mit seinen naiv-surrealen Heimatgeschichten oder vorsätzlich unterbelichteten Liedchen ansatzweise an Alf Poier. Nur leider vergleichsweise eindimensional. Als Kurzauftritt ein gewiss erheiternder, skurriler Farbfleck für jeden bunten Abend – aber ab der 10. Minute schlichtweg lähmend.
Bleiben noch zwei der Newcomer-Generation längst entwachsenen Teilnehmer, die mit ihren Darbietungen bei Firmen- und Faschingsfeiern bestens aufgehoben sind. Denn ihr Können hat weder etwas mit Comedy, noch mit Kabarett oder Kleinkunst zu tun. Das ist nämlich entweder billiger Klamauk mit Witz-Recycling oder – fast noch unerträglicher – Stammtisch-Gesänge auf dem rettungslosen Reim-Niveau von Familienfeier-Gedichten. Wer sich auch nur ein einziges Mal dabei ertappt, dass er ein “oh, Graus” einfügen will, damit sich die Zeile auf “Haus” reimt, möge die Aufführung seiner Verse auf öffentlichen Bühnen in Hinkunft tunlichst unterlassen. Ohne Ironie oder Häme : Es gibt großen Bedarf an berufsgruppen-orientiertern Alleinunterhaltern. Die bevorstehenden Weihnachtsfeiern werden das wieder schmerzhaft zeigen. Hier mögen sie in Hinkunft bereichernd tätig werden.
Sollte sich herausstellen, dass es Veranstaltungen wie der “Comedy Knock Out” sind, die derartige Entertainer darin ermutigt, ihre geschützten Umgebungen zu verlassen und den Sprung auf eine Theaterbühne zu wagen, sollten sich die Initiatoren unbedingt Gedanken über Folgen ihres gewiss gutgemeinten Engagements machen – und vielleicht die Teilnahme-Kriterien etwas strenger auslegen und den Qualifikations-Modus überdenken. Im Interesse Aller.
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