Pasta mit Jesus
Zwei neue Programme von zwei aufstrebenden Kabarettisten
profil 01/2000
Toni Garbelotto ist ein Italo-New-Yorker, den es nach Wien verschlagen hat, wo er sich seiner kriminellen Kinderstube besinnt – und ein klassisches Konzert überfällt. Und weil ausrauben allein keinen Spaß macht, nötigt er das Publikum dazu, sich seine Lebensgeschichte anzuhören: “Cause nobody listens to me free willy, you know.” Das Ganze heißt „Pasta Disasta” (Regie: Günter Treptow) und ist das neue „Music-Comedy”-Programm von Hubert Wolf, der weniger Österreichern als Schauspieler und Gewinner des letztjährigen “Kleinkunst-Nagels”, denn als der Herr Putz aus einer Möbelhaus-Werbung bekannt sein dürfte.
Wiens erstes Kabarett, in dem kein Wort Deutsch vorkommt. Mutig und konsequent bleibt Wolf jenem Tonfall treu, in dem Roberto Begnini bei der Überreichung des zweiten Oscars den schönen Satz sagte “Dis must be a terrible mistake : I’ve used up all of my english”. Außer in den Nummern, in denen Tonis multikulturelle Schmelztiegel-Bekanntschaften zu Wort kommen : seine japanische Freundin, die in Death-Metal-Manier von ihrem lebensmüden Goldfisch („Sushi Harakiri”) erzählt, oder der jamaicanische Pizza-Koch, der einen Reggae über die tiefere Bedeutung von Teigwaren („Pasta-Man Vibration”) singt. Kongenial begleitet wird er dabei vom Gitarristen Bruno Reininger, dessen Mimik allein schon abendfüllend amüsant ist. Hubert Wolfs Präsentation lebt von einer sympathisch unabgebrühten Verschmitztheit, durch die der lausbübische Spaß, den er selbst auf der Bühne hat, ständig durchschimmert. Zu guter Letzt singt er höchst dissonant „I‘ve got the right to sing wrong” – und das trefflicherweise zur Melodie von „What have they done to my song”. Bestens.
Als höchst abwechslungsreich erweist sich auch das neue Solo „Brix trifft Jesus u.a.” des Erstgenannten. Ein kabarettistisches Sammelsurium mit Charakter, das sich nur gelegentlich an jenem roten Faden orientiert, der Brix dank eines verletzenden Vorfalls mit einer Vorhangkarnische zuteil wurde: der Fähigkeit durch die Zeit zu reisen. Ein dramaturgischer Dreh, der es dem komödiantisch versierten und vielseitigen Darsteller aber ermöglicht, viele seiner teils grotesken, teils authentisch-aberwitzigen Szenen ansatzlos zu kombinieren. Parodien, Lieder, Realsatiren, Polit-Kabarett, Gedichte, ganze Dramolette, interaktive Späße – Brix bedient sich jeden Flecks auf der zu Gebote stehenden Palette. Auch einiger bereits bewährter. Aber dankenswerterweise, ohne zu versuchen, die vielen Farbtupfer zu einer einheitsbreiigen Kabarett-Show zu verwischen.
Hubert Wolf – „Pasta Disasta”: bis 5.2. im Theater Drachengasse
Werner Brix – „Brix trifft Jesus u.a.”: mittwochs im Kabarett Niedermair
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