Solo mit Dachschaden
Der Standard 01/2000
Man muß sich das wahrscheinlich so vorstellen: Brix hat ein kleines geheimes Notizbuch, in dem er jeden kuriosen Einfall und jede Merkwürdigkeit, die ihm begegnet, festhält. Ungefähr alle zwei Jahre hält er sich eine Lücke zwischen seinen diversen schauspielerischen Verpflichtungen frei, um mit diesem teils abstrusen, teils alltäglichem Allerlei das zu tun, was ihm am meisten Spaß macht: “Es gibt nichts schöneres, als Menschen zum Lachen zu bringen”, sagt er üblicherweise, wenn er nach seiner kabarettistischen Motivation gefragt wird. Auch in seinem neuen Solo “Brix trifft Jesus u.a.” wird er diesem Ziel wieder ausgiebig gerecht.
Daß es dabei nicht nur stilistisch, sondern auch qualitativ höchst abwechslungsreich zugeht, ergibt sich fast automatisch. Schließlich verdient auch das Leben nicht immer einen römischen Einser. Realsatiren ohne artifizielle Schlußpointen haben in seinem Programm ebenso Platz, wie ein aberwitzig gereimtes Drei-Personen-Dramolett mit französischem Akzent. In der Figur des – bereits aus seinem letzten Solo “Stock im Eisen” bekannten – liebenswert schüchternen Clowns “Pinke Panke” steuert er berührend naive Lyrik bei, höchst glaubwürdig parodiert er “Niedermair”-Hausherr I Stangl beim vergeblichen und zunehmend cholerischen Versuch, den mehrminütigen Anrufbeantworter-Text auf Band zu bannen – und bisweilen genügt ihm ein simples Metronom, um drei Minuten amüsant vorüberticken zu lassen.
Wer einen Dachschaden hat, ist zwangsläufig für alles offen. Und Brix, dem einst eine Vorhangkarnische eine Delle in den Hinterkopf donnerte, kann in seinem neuen Solo sogar durch die Zeit reisen. Ein Kniff, der es ihm bei Bedarf ermöglicht, ansatzlos zu den Ausgangspunkten seiner amüsanten Szenerien zu gelangen, die alle ein Maß an überraschender Unvorhersehbarkeit aufweisen, das zwar weniger dem inhaltlich etwas ziellos durch die Gegend baumelnden roten Faden, wohl aber dem ganzen Programm die nötige Spannung verleiht. Wer braucht schon gespannte rote Fäden ?
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