Harnröhrenabstrich und ein Rabe namens Zawinul
Spätabendliche Merk- und Sehenswürdigkeiten in Kabarett Niedermair
kabarett.at 01/2008
Da hat sich ja offenbar Einiges angesammelt, was unbedingt raus musste – ins Rampenlicht der Kleinkunstbühnen. Das junge Duo „Bernhuber & Sarsam“ kombiniert in seinem Kabarett-Erstling „Eule und Pflicht“ allerlei gut abgehange Seltsamkeiten mit frisch verzapftem Nonsens zu einer erheiternden und sympathisch-träschigen Latenight-Show.
Träschig ist natürlich bald etwas. Dazu bedarf es ja oft nur einer Portion Mut oder Selbstüberschätzung. Aber bei Bernhuber und Sarsam ist das ganz anders. Die brauchen in Wahrheit weder noch. Sie verfügen nämlich über jene Qualitäten, derer es bedarf, um Träsch zu veredeln. Um ihm das künstlerische Fundament zu bieten, auf dem es sich entfalten darf, ohne einfältig zu wirken. Und das macht „Eule und Pflicht“ so sympathisch.
Besuchern der Impro-Show „Stand up“ und aufmerksamen Beobachtern der seinerzeitigen ORF-Sendung „Die Frischlinge“ sind Bernhuber und Sarsam vermutlich schon ein Begriff. Allen anderen sei verraten : Wir haben es hier mit zwei sehr talentierten, wandlungsfähigen und spielfreudigen Schauspielern zu tun, die nicht nur ihre Instrumente und Stimmen beherrschen, sondern ihre Nummern auch sehr sorgfältig und aufwändig vorbereiten. Allein die immer wieder zugespielten Gedankenblasen erfordern nämlich diszipliniertes Timing. Dafür darf dann andernorts wieder extemporiert werden. Aber eben immer alles zu seiner Zeit.
Auch der Ablauf des Programms verdient Applaus. Hier wird nicht nur eine Nummer an die andere gereiht, sondern mit trotz ihrer Zweckmäßigkeit oft originellen Backstage-Zwistigkeiten nahezu nahtlos, aber vor allem unangestrengt zusammengefügt. Und das trotz der Vielfalt des Gebotenen: Von grotesken Charakter-Karikaturen über parodistische Sketche bis hin zu pantomimische Albernheiten. Oder etwas detaillierter: vom schlecht gelaunten Kinder-Clown bis zum Harnröhrenabstrich in Zeitlupe. Vom als Rabe reinkarnierten Zawinul bis zur leidvollen Flamenco-Einlage.
Bernhuber brilliert ganz besonders in der Rolle des Kunstprofessors Dr. Jonathan Pinster: ein verklemmter Talkshow-Host und Grenzgänger zwischen Waffenhandel und Wahnsinn. Sarsam darf dafür die Folgen eines Feuers in einer Straßenbahn besingen – und zu diesem Behufe den „Cornershop“-Hit „Brimful of Asha“ nur ganz leicht abwandeln: „Bim voller Asche“.
Nur ganz gelegentlich fehlt den beiden noch das Einschätzungsvermögen, wo der kleinkunstpublikumstaugliche Spaß aufhört und der doch eher nur im Freundeskreis funktionierende Blödsinn anfängt. Aber diese Grenzverletzungen werden gerne verziehen, weil sie mit so viel Spaß bei der Sache sind. Unbekümmert, aber professionell. „Eule und Pflicht“ ist ein Debut, das sich sehen lassen kann. Ein wenig fühlt man sich an die Anfänge von „Steinböck & Rudle“ vor 15 Jahren erinnert. Auch die spielten damals schräges Sketch-Kabarett für genau das Publikum, das das Kabarett so dringend braucht: ein junges Publikum nämlich. Möge „Bernhuber & Sarsam“ – auf ihren eigenen, eigenständigen Wegen – ein vergleichbarer Erfolg beschieden sein.
- Termine : 26.1., 9.2., 23.2., 8.3., 29.3., 12.4., 26.4. – jeweils um 22:00 Uhr im Kabarett Niedermair
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