Hauptsache Tausendundeinerlacht
Der Standard 11/1993
Dass die Sprache bei einem Kabarettisten die Hauptrolle spielt, ist keine Besonderheit. Dass sie allerdings dermaßen abenteuerliche Kapriolen schlägt, wie mit Hilfe des flotten Mundwerks des bayerischen Wortdrechslers Willy Astor, hat bemerkenswerten Seltenheitswert. In „Astorlavista Baby“ besiegen Syntax und Semantik die Schwerkraft der Grammatik und unser aller täglich Wortschatz vollführt ebenso ungeahnte wie atemberaubende Kunststücke.
Thematisiert und vertont werden u.a. die Immobilienmisere – „Sag mir Woh-die-nungen sind“ -, kynologische Wunschträume – „Ich bin so wild auf einen Erdbeerhund“ – und Club-Urlaube, in denen das Ungeheuer von Fit-Ness sein Wesen treibt. Weitere Grenzen sprachstilistischer Konventionalitäten durchbricht Astor mit einem Promi-Namen-Potpurri, in dem auch die letzten Bastionen festgefügter Buchstabenkonstrukte verdünnt, verrückt und zu neuem Sinn und höheren Unsinn verdichtet werden: „Andi war hohl – und Lena war Leid es!“
Nonverbal lässt Astor schließlich den rosaroten Panther auf seinen Gitarrensaiten virtuos schuhplatteln. Und das alles mit einer unprätentiösen Lausbubenhaftigkeit, dass man nicht umhin kann, über seine vergleichsweise staksigen Rollenspiel-Sketche ebenso hinwegzusehen, wie über den als Requisiten-Behälter verwendeten abgewetzten Krokodil-Leder-Koffer. Denn in derartig feingeistiger Gipfel-Höhenluft, in deren Gefilde sich Willy Astor mühelos an seinen selbst gedrehten Wort-Lianen aufschwingt, ist kein Kleinkrämer mehr heimisch.
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