Uferloses Treiben
Der Standard 03/1999
Achselzuckend als “business as usual” bezeichnet Jochen Herdieckerhoff die leidigen Subventions- und Plakatierungs-Querelen, mit denen er sich alljährlich als Organisator des ach so anrüchigen “Festivals der Verlockungen vom anderen Ufer” namens “Wien ist andersrum” herumschlagen muß. Neu ist allerdings das Kuriosum, daß sich einer der Sponsoren den Abdruck des Firmen-Logos auf dem Plakat – die übliche Gegenleistung des Veranstalters – ausdrücklich verbeten hat ! Einen “österreichischen Kompromiß” nennt Herdieckerhoff diese Widersinnigkeit lakonisch.
Daß das heuer zum vierten Mal ausgerichtete Festival ausgerechnet für den Zeitraum von Ostersonntag (4.4.) bis Christi Himmelfahrt (13.5.) angesetzt wurde, ist kein Zufall : Im Zentrum des Geschehens steht eine Ausstellung der schwedischen Photo-Künstlerin Elisabeth Ohlson, die in ihren aufwendig inszenierten Werken neutestamentarische Motive mit dem Alltag Homosexueller in Verbindung bringt. In Schweden war die Ausstellung – mit dem Segen des Bischofs – im Dom von Uppsala und im Parlament zu sehen. In Wien muß sie ins vergleichsweise wenig würdige Ambiente der Babenbergerpassage ausweichen – “immerhin gleich neben dem Kunsthistorischen Museum.” (Enthüllung am 4.4., 19:30 Uhr).
Als Hauptspielstätte fungiert indes diesmal das Metropol : Durch die bunte Eröffnungsgala (8.4.) führt Georg Uecker, seineszeichens Lindenstraßen-Bewohner und Moderator des ersten Schwulen-Magazins auf RTL. Neben den bereits vom Vorjahr bestens bekannten Künstlern, wie der schweizer Liedlimacher Michael von der Heide (9.4.), die betörende französische Sängerin Mouron (30.4., 1.5.) und jenes Girlie-Swing-Trio, das sich hierzulande aus rechtlichen Gründen leicht verstümmelt “Die …… Engel” nennen muß (20., 21. & 23.4.), gastieren die britische Komikerin Jackie Clune mit ihrer abenteuerlichen Trash-Comedy-Show “Chicks with Flicks” (10. & 12. – 14.4.), die “Inge Meysel des Underground” Christoph Dompke mit seiner one-(wo)man-show “Simply Emmi” (28.4.) und die New Yorker Drag-Artists “Joey Arias & Sherry Vine” (6. & 8.5.). Für theatralische Bereicherungen sorgen das Grazer “Theater im Bahnhof” mit der Stegreif-Serie “Honigbrot” (jeden Sonntag vom 11.4. bis 9.5.), das Hamburger Ensemble “Bo Doerek” mit einem “theatralisch-musikalischen Grand-Prix-Massaker” namens “Germany 12 Points” (7.5.) und – als erste “Wien ist andersrum”-Eigenproduktion – das schwule Wiener Musiktheater “O.R.A.L.” mit seiner Sitcom-Revue “Villa Valium” (12. & 13.5.). Nicht zu vergessen, die heimische Gallionsfigur Hermes Phettberg, die über “10 Jahre ohne Sex” Zeugnis ablegen wird (27.4.). Die “Andersrum Soncontest-Party” (29.5.) wird aus Platz- und Termingründen – als feierlicher Festival-Nachschlag – in die Tribüne Krieau ausgelagert.
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