Sehnsucht nach Florenz
Mit ihrem Duo-Debut legen sich die zwei die Latte für ihr zweites Programm ganz schön hoch. Man könnte es auch anders sagen : „Triest“ ist eines der besten Programme, die in den letzten Jahren auf die heimischen Kleinkunstbühnen gekommen sind. Hochachtungsvoll, Peter Blau.
kabarett.at 11/2011
Überraschungen sind doch das Schönste. Wenn ein Publikumsliebling unter den heimischen Kabarettisten aus Freundschaft und Freude zusammen mit einem bislang vorrangig als Schauspieler und Musiker in Erscheinung getretenen Falco-Film-Darsteller ein Programm mit dem ergebnisoffenen Titel „Triest“ schreibt und spielt, kann doch niemand ahnen, dass dabei ein ebenso spaßiges wie berührendes, sensationell gelungenes Stück Kleinkunstgeschichte herauskommt. Sehr super ! So sehr man auch die Kirche im Dorf lässt. Das sei mal festgehalten für alle, die nur den ersten Absatz lesen.
Thomas Stipsits und Manuel Rubey verkörpern in ihrem Duo-Debut (Regie : Andi Peichl) das Personal und die Passagiere eines Kreuzfahrtschiffs mit dem schönen Namen „Bloody Mary“, an dessen Bord gerade ein Film mit dem nicht minder schönen Namen „Die letzten Sonnenstrahlen des Glücks“ gedreht werden soll. In den Hauptrollen : Harald Krassnitzer und Christiane Hörbiger. Wer sonst ? Die beiden zentralen Figuren von „Triest“ sind allerdings Stipsits und Rubey selbst. Ersterer ist als Bord-Entertainer, zweiterer als Film-Nebendarsteller angeheuert worden. Und sie müssen sich eine enge Kabine teilen.
Soweit die idealen Voraussetzungen für jede Menge Situationskomik und eine abwechslungsreiche Parade absurd-komischer Szenen und Charaktere, bei denen auch die Selbstironie und Insider-Anekdoten nicht zu kurz kommen.
Nicht unwesentlich zu der Wirksamkeit der gewitzten Mono- und Dialoge trägt das exakte Zusammenspiel mit der Tontechnik bei. Christian Stipsits – der kleine Bruder der unverändert entwaffnend lausbübischen Rampensau – sorgt am Mischpult für den Soundtrack zum Geschehen und die akustische Illustration der pantomimisch angedeuteten Requisiten. Das macht Spaß. Vor allem, wenn in der Geschwindigkeit mal ein falsches Geräusch zugespielt wird. Dann können dann sowohl Stipsits als auch Rubey ihrer sympathischen Spontaneität freien Lauf lassen.
Aber sonst ? Mit einer in der Kleinkunstszene eher unüblichen, ja fast schon unheimlichen Perfektion und Präzision setzen sie ihre Geschichte in Szene. Pointe für Pointe. Ganz locker. Da steckt so viel Arbeit dahinter !
Da sitzt man dann als professioneller Beobachter des tadellosen Bühnengeschehens in der Pause mit Kollegen da, und geniert sich fast schon ein wenig dafür, dass man den einen oder anderen Mangel im Programm sucht : Ja, die Männer-Unterhaltung im Doppelbett hätte ein wenig kürzer sein können. Da geht die Spannung doch ein wenig verloren. Genau. Und die witzige Dreharbeiten-Szene mit dem Hampelmann von Regisseur verträgt auch noch ein paar Streichungen. Ist der Georg Friedrich schon bekannt genug für eine Parodie ? Blablabla. Widerlich in Wahrheit. Meckern auf höchstem Niveau halt. Und was machen Stipsits und Rubey, diese beiden großartigen Schelme ? Das einzig richtige : Sie setzen eine zweite Hälfte drauf, die jeden Kritiker zum Verstummen bringt. Zuerst ein Knalleffekt. Dann ein teils musikalisches, originelles Nummern-Potpurri – u.a. mit einem Dialog aus Filmzitaten, Dracula auf Wohnungssuche und einer ganzen Lebensgeschichte nur aus dummen Sprüchen und altbekannten Lebensweisheiten. Das ist alles nicht nur saukomisch, sondern – wenn man so will –auch im Kontext der Geschichte absolut gerechtfertigt. Und dann kommt noch das Finale. Und was für eines ! Meine Herren ! Über die Story der zweiten Halbzeit sollte ja eigentlich nichts verraten werden. Nur so viel vielleicht : Wann waren Sie im Kabarett das letzte Mal zu Tränen gerührt ? Und kein einziger Ruf nach Zugabe. Jeder hat’s verstanden. Brillante Arbeit, große Kunst, beste Unterhaltung. Glückwunsch & Danke !
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