Frau in Aktion
Der Standard 04/1997
Spaßkonjunktur hin, Witzboldboom her – Dolores Schmidinger leistet mit erstaunlicher Konsequenz Verweigerung. Ihre „Domina im Ausverkauf“ (Co-Autoren: Michael Niavarani & Fritz Schindlecker) ist ein über weite Strecken derartig unlustiges Programm, dass es geradezu ans Herbe grenzt. Eine vorsätzliche Entscherzung, die überall dort ihre beeindruckende Berechtigung hat, wo die Realsatire spürbar wird: Bei der Darstellung der zwischen Grundbedürfnissen und 7. Himmel pendelnden Gefühlswelt einer frisch verliebten Obdachlosen, oder einer von missionarischem Übereifer gepackten Heimpflege-Samariterin, die sich im Zuge ihres pervertierten Gefechts auf Seiten der christlichen Nächstenliebe der fahrlässigen Tötung eines ihrer Schutzbefohlenen schuldig macht.
Von diesen spürbar anliegen-betonten Passagen abgesehen, ist vieles beim Alten: die inhaltlichen Zugänge zu manchen Nummern verlaufen auch diesmal wieder dermaßen kurvenbereinigt, dass die jeweiligen Schlusspunkte der linearen Handlungen bereits vor der Zwischenzeit Konturen annehmen. Dass der Therapieversuch dreier latent gewalttätiger Männer im gemeinsamen Verdreschen der Ärztin mündet, ist schlicht eindimensional.
Ganz in ihrem Element – wenn auch nicht durchgehend von der 10. Muse beseelt – ist die Schmidinger wieder sowohl bei ihren Liedern (am Klavier: Harry Pierron) über Pfarrersköchinnen und Sensationsreporter als auch bei einer tiefschwarzen Satire auf die RTL-„Traumhochzeit“, die bei ihr zum „Traumbegräbnis“ mutiert und in einer spektakulären Massensterbeszene mündet – inklusive des vom Publikum heftig akklamierten Selbstmords der Präsentatorin.
Kurz: Schmidingers Domina ist formal verlässlich, bisweilen schmerzhaft streng, in manchen Punkten völlig humorlos – und sie haut politisch korrekt, zumeist vorhersehbar und nur selten daneben.
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