Aus der Tiefe
Hauptmann – “Coming home”
Ein unvergesslicher Abend. So sehr man sich auch bemüht.
kabarett.at / 3. Dezember 2004
George “Dabbel Weh” Bush ist “der lebende Beweis für anale Empfängnis” und Benita Ferrero-Waldner die Einzige, die “mit den Hämorrhoiden von 101 Staatschefs in deren Sprache sprechen kann”. Aber er will nicht “auf der Benita herumreiten”. Statt dessen Hut ab vor den Erfolgen von Arnold Schwarzenegger : “Der hat bitte eine Kennedy gepämpert!” Was macht übrigens ein Mathematiker als erstes am Morgen ? “Er zieht die Wurzel aus einer Unbekannten.” Und das in einer Zeit, in der “die Mädels zur Matura die erste Brustvergrößerung geschenkt bekommen. Die Christl Stürmer hat keine Matura, oder ?” Noch immer besser als Homosexualität, weil “ich hab mir schon als Kind nicht einmal Zapferl geben lassen.” Nicht enden wollende Heiterkeit …
Aus einer trüben Tiefe, in der kein intelligenter Humor mehr überlebensfähig ist, fischt Hauptmann eine ordinäre Pointe nach der anderen. Und das ohne einen Funken von Ironie. Um das klar zu stellen : Nicht etwa, um schlechte Witze zur allgemeinen Belustigung zur Schau zu stellen, sondern um völlig distanzfrei mit ihnen zu unterhalten. Dass so etwas auf einer Kabarettbühne überhaupt erlaubt ist !
Keine Schuld trifft seine Band : Christopher Hromek (g), Alfred Zethofer (b) und der bereits aus der Duo-Phase von “Hauptmann” bekannte Georg Huber (kb) sind brave Begleiter – und vermutlich der einzige Grund für die Story von “Coming home”, laut der Hauptmann nach einer Stadion-Tournee durch die halbe Welt nun als gefeierter Superstar wieder zu seinen kabarettistischen Wurzeln in Wien zurückfinden will. Wie immer bei den Programmen von “Hauptmann” nur ein fadenscheiniger Handlungs-Rahmen für die darin untergebrachten Inhalte: u.a. eine an Originalität kaum zu unterbietende Mundl-Parodie, eine Bsuff- und Joint-Geschichte mit abgedroschenem Türken-Jargon-Schmäh und einigen durchaus menschenverachtenden Lachmachern – und eine lähmende Weihnachts-Comedy über Santa Claus und Rentier Rudolph, die er ursprünglich als Serie für “Radio Wien” konzipiert hatte. Dort sei sie – obwohl sie alle Mitarbeiter lustig gefunden hätten – abgelehnt worden, erzählt er, weil ihr Sarkasmus den Hörern angeblich nicht zumutbar sei. Ich darf korrigieren: Niemand fand sie lustig. Die in freundliche, ja geradezu lobende Worte verpackte Ablehnung verdankt er wohl nur seiner guten Bekanntschaft mit dem seinerzeitigen Programmchef.
Festgehalten werden muss natürlich fairerweise, dass sich das Premieren-Publikum auf diesem bierzeltigen Niveau stellenweise geradezu königlich amüsiert hat. Vor allem Hauptmanns Verwandtschaft war vor Freude über ihr ach so anrüchig-komisches Familienmitglied immer wieder außer Rand und Band. “Oje”, kommentierte Hauptmann das nicht enden wollende Gekicher, “jetzt krieg ich daheim wieder von der Oma Schimpfe, dass ich so vulgär bin.”
Wohlwollend könnte man “Coming home” natürlich das Prädikat “sehr authentisch” verpassen. Markus Hauptmann wirkt auf der Bühne immerhin weitgehend ungekünstelt. Der tiefe Schmäh ist sein Zuhause – und kein Kleinkunstdünkel kann ihn dazu bringen, dieses zu verlassen. Allein die angestrebte Lockerheit und coole Lässigkeit seiner Bühnenfigur umweht bisweilen ein penetranter Hauch unsympathischer Arroganz.
Nach einem kitschigen Lied über Weihnachten in Wien, zu dessen sozialkritischer Strophe im Publikum Wunderkerzen entzündet werden, entledigt sich Hauptmann dann kurzerhand seines Handlungsrahmens (denn „in Wahrheit stimmt das ja mit der Stadion-Tournee alles gar nicht“. Aber geh!), erläutert anschaulich seine Probleme, wenn er bei einer neuen Freundin groß aufs Klo muss – und kommt zur Conclusio: „Was haben wir heute lernen können ? Bernd das Brot ist eine Quotenschlampe, ein Zöli-Bad ist keine katholische Nacktbadeanstalt in St. Pölten” und noch irgendetwas mit Rober Kratky.
„Und wenn die Kritiker schlecht über mich schreiben“, singt er bereits vor der Pause in einem an die Freundin adressierten Ärzte-Cover, „es könnt mir nix egaler sein“, denn „die Welt ist mir egal, wenn du dich auf mich setzt”. Na, dann ist ja gut.
0 comments on Aus der Tiefe