Reif für die Insel
Martin Kosch: „Panik unter Palmen“
Was würden sie als erstes machen, wenn Sie plötzlich Bundeskanzler wären? – Zurücktreten.
kabarett.at / 24. April 2007
Der zweite Preis wäre Kapfenberg gewesen. Und dazu der gut gemeinte Rat: „Mochens wos draus!“ Doch Martin Kosch musste ja unbedingt den Hauptpreis einstreifen: eine Karibik-Insel! Der anfänglichen Freude folgt schon bald die Ernüchterung. Es handelt sich nämlich nicht etwa um ein verträumtes Eiland mit einem Bungalow am Sandstrand, sondern um einen immerhin von gut 5000 Einwohnern bevölkerten Kleinstaat, dessen Geschicke er nun als Präsident zu leiten hat. Dabei will er mit Macht und Verantwortung eigentlich gar nichts zu tun haben. Und das obwohl die Insel einige reizvolle Besonderheiten aufweist. Bezahlt wird dort beispielsweise mit Witzen. Also ein Paradies für Kabarettisten. Doch dummerweise plaudert Kosch in seiner Euphorie gleich beim ersten 2-Tagesfest das gesamte Staatsvermögen aus. Auch die Inselchronik birgt Erstaunliches : Zwischen 1600 und 1750 war die Insel unbewohnt. „Wahnsinn“, entfährt es Kosch, „die haben den kompletten Barock versäumt!“
Die ganze kuriose Geschichte ist in Wahrheit natürlich nur ein recht transparentes inhaltliches Deckmäntelchen für ein Kabarett-Programm, in dem es dem Autor und Darsteller in Wahrheit um die Globalisierungsfalle und die Allmacht der Konzerne geht. Denn die haben bei der perfiden Insel-Verlosung die ganze Zeit über die Fäden fest in der Hand.
So weit, so gut. Es ist ja grundsätzlich sehr begrüßenswert, wenn sich Kabarettisten bemühen, etwas komplexere Zusammenhänge mit ihren Pointen zu transportieren. Sofern letztere über die entsprechende Tragfähigkeit verfügen. Und damit sind wir beim Problem von „Panik unter Palmen“. Dass Van der Bellen oft einschläfernd wirkt, ist für einen Scherz einfach zu wenig. Und wer Prince Charles nur deshalb in die Handlung einbaut, um mit einem simplen Hinweis auf dessen große Ohren einen Lacher zu lukrieren, disqualifiziert sich selbst.
Für Heiterkeit sorgt indes die gewissermaßen als sidekick eingeführte Begleitfigur namens Jackson. Und zwar hauptsächlich ob ihrer heftig penetrierten Wiedererkennungsmerkmale : zwei abgespreizte Finger und ein unartikuliertes Grunzen vor jedem Satz. Doch merke: nicht alles, was funktioniert, ist deshalb schon gut und richtig. Sonst wäre Kunstdünger heute noch immer der letzte Schrei. Nein, solche Pawlow’schen Lachmacher sind auf Dauer einfach zu billig. Und kaum ein Dutzend originelle Gags für ein Kabarettprogramm schlicht zu wenig.
Martin Kosch ist zweifellos eine sympathische und talentierte Bühnenerscheinung. Den künstlerischen Respekt muss er sich aber noch an vielen Ecken und Enden hart erarbeiten.
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